Bericht aus der Versöhnungswoche April 2006


Workshop in Dahab Versöhnungswoche Ende April 2006:

Es ist eine ganz spezielle Woche, da wir gemeinsam mit den Kindern eine Wand bemalen. Frieden ist ein weltweites Thema und vielleicht wäre es noch exakter, wenn man einfach sagen würde Liebe. Liebe führt uns alle zusammen, bringt Verständnis und Toleranz und erhebt sich über alle kulturellen und ethischen Grenzen.

Gemeinsam eine Wand gestalten bringt uns näher, wir teilen gemeinsam und erleben gemeinsam. Es ist ein wunderbares Projekt.

Die Kinder haben extrem Freude und ihre Welt ist sehr farbig: klare und starke Farben mit Blumen, Herzen, Tieren wie Kamele, Fische, Haie, Delphine: Pflanzen, Symbolen.

Ganz geschäftig malen sie auf dem Papier ihre Bilder, damit sie dann auf der Wand das Sujet malen können. Heute waren sie sehr diszipliniert, wir waren eine kleinere Gruppe und jedes Kind wollte einfach sein, malen und vor allem an die Wand. Das ist natürlich ein sehr spezielles Erlebnis und das findet nicht alle Tage statt.

Heute waren Temam, Aasma, Azhra, Ibrahim, Sabrina, Abir , Hana, Shaima, Djimme, Defalla, Mona, Sabrina und noch ein paar Mädchen, die ich alle kenne, aber keine Zeit hatte, die Namen aufzuschreiben.

Wieder ein erfüllter und wundervoller Tag!

Dahab, Amasina 2006

   

Die Wand wird jeden Tag schöner, farbiger und prächtiger. Jeden Tag haben andere Kinder die Möglichkeit die Wand mitzugestalten. Alle Kinder kenne ich natürlich von den unterschiedlichen Workshops, die wir in Dahab abgehalten haben. Schön ist, wie die Kinder schon vor dem Workshop vereinzelt kommen, da sie wissen, dass ich schon die Wand weiter bemale. Still setzen sie sich zu mir und fangen auch an zu malen......solche Ruhe habe ich selten erlebt, es ist wunderschön und gerade so genannte „schwierige“ Kinder geniessen das Alleinsein im Malen mit mir und verwandeln sich in die liebenswürdigsten Geschöpfe. Auch sie vertiefen sich in das Malen, wir vergessen die Zeit und schon kommen die nächsten Kinder und wollen dabei sein.

Versöhnung, Friede, was bedeutet das für die Kinder?:

Sie assoziieren vor allem mit der Natur, den Tieren und Pflanzen, eine intakte Welt, das ist für sie Frieden. Farbig, prächtig, freudvoll.......Leben an für sich.

Diskussionen über diese Thema war für die Kinder befremdend. Sie leben den Tag hinein, im Jetzt. Warum diese Fragen? Sie haben Freude am malen, am sein, aber über Frieden und Versöhnung zu sprechen? Das ist etwas Neues. Es geht auch nur kurz, dann wollen sie malen, machen, kreativ sein........

Ich habe versucht jeden Tag anderen Kindern auch die Möglichkeit zu geben mitzuwirken, so dass viele Kinder mit dabei sein konnten. Jedoch die Begeisterung verschiedener Kinder jeden Tag dabei zu sein, konnte ich auch nicht verhindern. Es war auch möglich und die unterschiedlichen Gruppen haben sehr konzentriert und mit unglaublicher Freude mitgemacht. Lassen sie sich von den Photos inspirieren und nehmen sie so Teil an den workshops..........

Schliesslich ist es die gemeinsame Zeit und die Wand, die alles sagt.

Heute haben wir ein grosses Stück Wand bemalt, es waren 15 Kinder.

Die Kinder kamen heute nicht gleichzeitig und es war wirklich sehr eindrücklich, wie gerne sie malen, die Erfahrung teilen und auch wie stolz sie sind an einer gemeinsamen Wand zu malen.

Heute haben wir die Kinder gefragt, was für sie Farbe, Symbole für den Frieden sind……Farben, klare Farben, freudig, lebensfroh: Natur, Tiere, Pflanzen, aber Symbole aus der Natur, Darstellungen, das sind für sie Zeichen von Frieden. Die gemeinsame bemalte Wand ist ein klares Zeichen und zeigt gut ihr Verständnis von Frieden, eine farbige, lebendige, freudige Welt…………..

Jeden Tag kommen wir ein Stück weiter und es ist immer wieder eine neue Überraschung, wie sich die Wand weiterentwickelt……..

Die Kinder sind im Alter von 3 bis 12 Jahren, meist Beduinen-Kinder, ein paar europäische Kinder und ägyptische Kinder. Frieden und gegenseitiges Verständnis ist für Kinder enorm wichtig. Jedoch darüber zu diskutieren und sprechen ist überflüssig, das ist ja klar (für die Kinder) Sie sind ja selbst das beste Beispiel für Lebensfreude.


Heute Abend ist hier noch etwas Schlimmes passiert: es sind 3 Bomben hochgegangen. Alle Leute, Kinder, die ich kenne und von denen ich weiss, ist nichts passiert……..die Kinder werden sich sicher morgen mitteilen, was das für Sie bedeutet und wie es aufgenommen wurde………….Jedoch war es für mich schon ein etwas seltsames Erlebnis, so nah. Man erschrickt, wie es doch so aus dem Nichts passieren kann und wie leicht es einem treffen kann.

Die ersten Meldungen waren nicht eindeutig: Gasflaschen der Tauchstationen, die explodiert sind und später dann, nein Bomben. Ja Bomben hier im friedlichen Dahab. Wer kann so was nur machen? Was geht in den Köpfen und Herzen dieser Menschen vor, die so etwas inszenieren, sich und andere in den Tod schicken. Es erschüttert einem und trotzdem kann man es nicht glauben. Sehr viele Tote und Verletze.......


Beim nach Hause gehen abends, habe ich drei der Kinder getroffen: Aisha, Sara und Fatma und sie haben mir ganz aufgeregt von dem Anschlag erzählt. Da viele der Kinder immer an der Strandpromenade sind, haben es die meisten natürlich grad direkt miterlebt.

Aisha, das gehörlose Mädchen, hat ja nichts gehört, aber beim hochschauen, sah sie, wie alles in die Luft gesprengt wird aus sicherem Abstand. Wahnsinn, unglaublich........... Und auch die anderen Mädchen erzählen ganz aufgeregt, was sie gesehen haben. Das Mitteilen, in diesem Moment ist sehr wichtig für sie.........das Erlebnis ist Ihnen tief eingefahren und ganz unverständlich schauen Sie mich mit grossen Augen an. Ja es ist unglaublich und gerade in der Versöhnungswoche............ wir sehen uns morgen im Workshop und verabschieden uns.


Dahab: heute ist alles leer und wie ausgestorben: Die Strandpromenade ist praktisch leer, fast keine Leute und die Stimmung ist seltsam.

Ich gehe mit Freunden an den Ort, der Bombenanschläge. Man sieht noch die Blutlachen, die Einschläge auf den Böden und die zertrümmerten Gebäude. Teilweise weinen die Menschen, telefonieren, viele Menschen sind versammelt und stehen und schauen verständnislos, erschüttert und unfassbar über das Geschehene. Immer wieder treffe ich die Kinder. Wir werden unseren Workshop etwas später abhalten, da am Nachmittag noch Demonstrationen für den Frieden sind und wir alle teilnehmen werden. Den Kindern und auch den Frauen ist es wichtig auf die Strasse zu gehen und gegen den Terror aufzustehen. „We love tourists“........“We love our children”…..”We want peace”

Eine ungeheurere Menschenansammlung, die für den Frieden durch Dahab zieht und eben ganz aussergewöhnlich, dass vor allem die Beduinenfrauen und die Kinder mitgehen. Alle sind erschüttert und es ist unfassbar, wie auch Dahab nicht verschont wurde von diesen Terroranschlägen. Wer war es, wer steckt dahinter, das ist die grosse Frage; doch wird man es jemals erfahren?

Gegen Abend gehen wir alle zusammen zu unserem Workshop-Platz, wo wir gemeinsam heute Bilder malen für den Frieden.......jeder in seinem Verständnis. Diese Bilder nehme ich mit, um Sie Euch zu zeigen..........

   

Die Gruppe ist sehr konzentriert und malt sehr vertieft. Es ist eine gute und ausgelassene Stimmung. Man würde nicht glauben, dass das Geschehene wirklich geschehen ist.

Zum Abschluss essen wir gemeinsam. Immer ein grosses happening.

Zum Schluss machen wir einen Kreis und nehmen uns alle an der Hand, danken für unser Leben, für unser Dasein........alle Kinder verabschieden sich von mir und weg sind sie........

Die wundervolle Wand von Tieren und Pflanzen und Farben-Freude bleibt bestehen und ist für alle eine Zeichen von Leben, Frieden und Freude!

Siehe auch: Projektbeschreibung dieses Projektes
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